Thomas Neuhoff

- geb. 1957 in Bonn
- Dirigent und Kirchenmusiker
- Von 2002 bis 2020 Künstlerischer Leiter der Bach-Vereins Köln
- Weitere Chöre unter seiner Leitung: Philharmonischer Chor Bonn (bis 2016), Auerberger Kantorei Bonn
- Meilensteine: Johann Sebastian Bach »Messe in h-Moll«, Leonard Bernstein »Mass«, Benjamin Britten »War Requiem«, Edward Elgar »The Kingdom«, Georg Friedrich Händel »Israel in Egypt«, Claudio Monteverdi »Marienvesper«, Franz Schmidt »Das Buch mit sieben Siegeln«, Michael Tippett »A Child of Our Time« / Frank Martin »In Terra Pax«, William Walton: »Belshazzar’s Feast«, »Bach+Xenakis«
Konzertchronik Ära Neuhoff: 2002 bis 2020
Stilistische Vielfalt, Neugier auf Unbekanntes und die Vermittlung von Musik nicht nur an Kenner, sondern auch an neue, speziell junge Hörerschaften – das sind die Markenzeichen des Chorleiters Thomas Neuhoff. Sein Repertoire reicht von Monteverdis »Marienvesper« bis hin zu Xenakis’ »Nuits«, vom Solo-Madrigal der Renaissance bis zum gewaltigen romantischen Klangkosmos eines Gustav Mahler.
Die Werke J.S. Bachs und ihre historische Aufführungspraxis bilden für den studierten Kirchenmusiker und Gardiner-Schüler den roten Faden seines musikalischen Lebenswegs. Seit er 2002 zum Künstlerischen Leiter des Bach-Vereins Köln berufen wurde, hat er die großen Vokalschöpfungen des Thomaskantors mit Originalklang-Ensembles immer wieder neu erarbeitet. Die Aufführung von Bachs Motette »Jesu, meine Freude« in der Leipziger Thomaskirche im Oktober 2013 mit dem Bach-Verein bezeichnet er als einen Höhepunkt seines musikalischen Lebens.
Im Oktober 2016 war er mit seinem Chor erneut in der Thomaskirche zu Leipzig zu Gast, wo an einem Wochenende gleich drei Auftritte an Bachs ehemaliger Wirkungsstätte auf dem Plan standen, darunter die Aufführung der Bach-Kantate »Schmücke dich, o liebe Seele« BWV 180.
Thomas Neuhoff stammt aus einer Familie, in der die Kirchenmusik von jeher eine große Rolle spielte. Der Enkel des Kirchenmusikdirektors Kurt Freitag, 2005 selbst zum KMD ernannt, hatte bereits als 14-Jähriger eine Organistenstelle inne. Sein pianistisches Können stellt er gerne in der von ihm konzipierten Kammermusikreihe im Beethoven-Haus Bonn unter Beweis, in der Saison 2015/16 als Liedbegleiter beim Geburtstagskonzert für Robert Schumann mit der Sopranistin Mojca Erdmann und dem Tenor Andreas Post.
Für Thomas Neuhoff ist es eine Herzensangelegenheit, Jugendliche mit Musik vertraut zu machen. Seit Jahren führt er Projekte zur musikalischen Nachwuchsförderung durch, oftmals mit zeitgeschichtlichem und gesellschaftspolitischem Hintergrund. Nach den hoch gelobten Aufführungen von Benjamin Brittens »Saint Nicolas« mit u.a. über 100 mitwirkenden Kindern im Dezember 2014 und »Mitsingen bei Saul« im April 2015 führte er 2016 im Zusammenhang mit Bernsteins »Mass« ein weiteres groß angelegtes Jugendprojekt an. 2017 folgte im Vorfeld der Kölner Erstaufführung von Edward Elgars Oratorium »The Kingdom« ein umfassendes Jugendprojekt zu diesem selten gespielten Werk.
In der rheinischen Chorszene hat sich Thomas Neuhoff, seit er 1983 den Posten des Chordirektors beim Philharmonischen Chor Bonn übernahm, durch zahlreiche Erstaufführungen profiliert: Neben Uraufführungen wie der »Bonner Messe« von Christophe Looten leitete der Dirigierschüler des jüngst verstorbenen früheren Bonner GMD Volker Wangenheim regionale Erstaufführungen von Chorsinfonik des angelsächsischen Repertoires: Neben Werken von Britten und Tippett dirigierte er die »Messe des Lebens« von Delius und – u.a. mit dem Beethoven Orchester Bonn – einen Zyklus der Oratorien Elgars. In der Kölner Philharmonie leitete Neuhoff u.a. das Apokalypse-Oratorium »Das Buch mit sieben Siegeln« von Franz Schmidt und – am Pult des Gürzenich-Orchesters Köln – »In Terra Pax« von Frank Martin, »A Child of our Time« von Michael Tippett, »Une Cantate de Noël« von Arthur Honegger sowie, als Kölner Erstaufführung, »Belshazzar’s Feast« von William Walton.
Die Zusammenarbeit mit dem Gürzenich-Orchester wurde in der Saison 2015/16 mit Leonard Bernsteins »Mass« fortgesetzt, dem Abschlusskonzert des Festivals »ACHT BRÜCKEN | Musik für Köln« 2016. Im Oktober 2016 begab sich Thomas Neuhoff mit seinem Chor nach 2013 zum zweiten Mal in der Geschichte des Bach-Vereins Köln in die Thomaskirche Leipzig, wo er an einem Wochenende gleich dreifach mit unterschiedlichen Programmen gastierte. Neben der musikalischen Gestaltung des sonntäglichen Gottesdienstes leitete er sowohl die Freitagsmotette als auch tags darauf die Bach-Kantate »Schmücke dich, o liebe Seele«, mit der er – an der Seite des Leipziger Barockorchesters – die langjährige Leipziger Tradition der samstäglichen Aufführung einer Bach-Kantate an der Wirkungsstätte Johann Sebastian Bachs aufgriff.Für das Jahr 2020 waren er und sein Ensemble eingeladen worden, im Rahmen des Bachfest Leipzig Bachs Choralkantaten BWV 135, BWV 10 und BWV 93 aufzuführen, doch dieses Festival unter dem Motto »BACH – We Are Family« wurde im April 2020 aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie abgesagt und auf das Jahr 2022 verschoben.
2017 brachte Neuhoff mit dem Chor des Bach-Vereins die Kölner Erstaufführung von Edward Elgars Oratorium »The Kingdom« in der Kölner Philharmonie zu Gehör und wurde anschließend für seine Verdienste um die Musik von Edward Elgar von der englischen Elgar Society mit einem »Certificate of Merit« geehrt.
Brittens »War Requiem« begleitet Neuhoff seit 25 Jahren. Nach Aufführungen in Frankfurt, Kassel, Oxford und Bonn dirigierte er dieses Werk im April 2018 im Rahmen des vom Bach-Verein Köln und dem Bundesjugendorchester durchgeführten internationalen Musikprojekts »War Requiem: Ewig ruhe der Krieg!« gleich dreimal: in der Kölner und Berliner Philharmonie sowie im Nationalen Musikforum Wrocław (Breslau).
Im Herbst 2018 dirigierte er im Altenberger Dom, St. Marien in Bonn und Sankt Maria im Kapitol in Köln drei gefeierte Aufführungen der »Marienvesper« von Claudio Monteverdi.
Im Frühjahr 2020 Thomas Neuhoff beendete nach 18 Jahren seine Zeit als Künstlerischer Leiter des Bach-Vereins Köln, um sich mehr Zeit zu nehmen für seine Leidenschaften Liedbegleitung und Kammermusik mit Klavier. Außerdem wendet er sich neuen Aufgaben zu: So stand er z.B. bereits im Februar 2020 als Gastdirigent am Pult der Anhaltischen Philharmonie und eröffnete u.a. gemeinsam mit dem gefeierten Startenor Rolando Villazón und dem Chansonnier Vladimir Korneev das Kurt Weill Fest Dessau 2020.
»Vor allem aber leitete Neuhoff unangestrengt, zügig, auch in den fromm betrachtenden Chorälen, und frei von predigthaftem Nachdruck. Die Musik durfte wie selbstverständlich fließen, auch tanzen vor Freude. So ohne alle Erdenschwere bot sie einen Vorschein von Freiheit.« (Kölner Stadt-Anzeiger zu »Weihnachtsoratorium«, 2018)
»Es gibt eine Fülle von Einspielungen der Monteverdi-Vesper, unter Nikolaus Harnoncourt, John Eliot Gardiner und anderen. Die Aufführung des Bach-Vereins unter dem (wieder einmal) hochkompetenten Thomas Neuhoff dürfte sich – so die ungeschützte Behauptung – neben diesen glänzend behaupten.« (der opernfreund.de zu »Marienvesper«, 2018)
»Bemerkenswert, dass und wie Neuhoff aus den heterogenen Ensembles eine homogene Truppe geformt hatte, gleichermaßen überzeugend in Artikulation und Intonationsqualität.« (Kölner Stadt-Anzeiger zu »War Requiem«, 2018)
»Neuhoff hat Brittens Requiem schon mehrfach dirigiert, jetzt bot er mit dem wirklich fantastischen Bundesjugendorchester eine hochkompetente, klangbohrende Interpretation.« (der opernfreund.de zu »War Requiem«, 2018)
»Unter seinen Händen wirkte die Musik in einem ganz und gar positiven Sinne plakativ, dabei stets angenehm fließend und bestechend in der Herausarbeitung von Klangfarben.« (deropernfreund.de zu »The Kingdom«, 2017)
»Allerdings sorgte Neuhoff, der dieses Riesenprojekt jederzeit im Griff hatte, schnell für Ordnung ... Auch die nicht ganz einfache Aufgabe, das gute Solistenquartett ... dynamisch ins Geschehen einzubetten, hat der künstlerische Leiter des Bach-Vereins überzeugend gelöst.« (Kölnische Rundschau zu »The Kingdom«, 2017)
»Neuhoff, der als äußerst produktiver Chorleiter nicht nur in der Köln/Bonner Region weithin anerkannt ist, und seine Mitstreiter haben hier Außerordentliches, ja geradezu Denkwürdiges geleistet.« (Rondo-Magazin zu »Mass«, 2016)
»Es gereicht Neuhoff zur Ehre, das schwer belandene Schiff mit Umsicht und eisernen Nerven auch durch unausweichliche Stromschnellen gesteuert zu haben.« (Kölner Stadt-Anzeiger zu Bernsteins »Mass«, 2016)
»Und weil Thomas Neuhoff nicht nur ein exzellenter Chorleiter, sondern auch ein souveräner Kapellmeister ist, gelangen Tempo-Übergänge, heikle Einsätze und Rezitativ-Begleitungen ohne jede Irritation.« (Kölner Stadt-Anzeiger zu Händels »Saul«, 2015)
»Wunderbar, wunderbar, wunderbar. Man kann gar nicht oft genug betonen, wie herausragend ein Projekt wie jenes in der Lukaskirche ist, das Thomas Neuhoff mit Schülern, Mitgliedern seiner Chöre und einem Projektorchester auf die Beine gestellt hat.« (Bonner General-Anzeiger zu Brittens »St. Nicolas«, 2014)
»Neuhoff vermittelte seine Vorstellungen mit sparsamer Gestik, unaufdringlich, gleichwohl glasklar. Die Musik atmete gleichsam, entfaltete sich ganz natürlich. Das führte zu Klangbildern von bemerkenswerter Transparenz und Leichtigkeit« (Kölnische Rundschau zu Bachs »h-Moll-Messe«, 2014)
»Der Chor ... leistete Beachtliches in Klang und Akkuratesse. Dass Thomas Neuhoff ihn recht lässig durch den Abend führen konnte, zeigt, wie gründlich die Einstudierung gewesen sein muss. ... Es entsprach dem persönlichen Impuls des Dirigenten, dass er frische Tempi wählte und den wirklich ausgezeichneten Chor das Bach-Werk schlank, dynamisch differenziert und lebendig singen ließ.« (Kölnische Rundschau zu Bachs »Weihnachtsoratorium«, 2013)
»In ›Zyia‹ für Sopran, Männerchor, Flöte und Klavier (1952) waltet noch eine Spur von Kantabilität. Christiane Oelze sorgte mit Schmelz in der Stimme und starker Intensität des Ausdrucks gleich für solistischen Glanz, den die Männer mit archaisierender Strenge konterkarierten. Bereits hier wurde Neuhoffs Souveränität am Pult deutlich. In ›Nuits‹ ... verblüffte eher die Vielfalt der aberwitzigen Geräusch-Imitationen aus zwölf Kehlen. Auch hier gingen von Neuhoff die wesentlichen Spannungsimpulse aus. Den stärksten Eindruck hinterließ der Chor vielleicht mit Serment-Orkos ... Neuhoff mobilisierte eindrucksvoll alle Reserven des gemischten Chors.« (Kölnische Rundschau zu »Bach+Xenakis«, 2013)
»Dirigent Thomas Neuhoff brachte das gewaltige chorische Angebot in bewunderswerter Weise auf den Punkt: Waltons chromatisch gewürzte Reizharmonik blieb noch im Fortissimo präzise durchhörbar, die jazzigen Rhythmen waren scharfkantig geformt, die Texte nicht nur klar artikuliert, sondern ganz auf dramatischen Effekt getrimmt.« (Kölner Stadt-Anzeiger zu Waltons »Belshzazzar's Feast«, 2012)
»Chorisch [war] alles da - leidenschaftlich in der Stimmung, klar in der Struktur, perfekt in der Technik, betörend im Klang. Thomas Neuhoff, der Dirigent, kann für seine Erziehungsarbeit und gestalterische Fantasie nicht genug gelobt werden.« (Kölner Stadt-Anzeiger zu Händels »Israel in Egypt«, 2011)
»Als nachgerade mustergültig darf Thomas Neuhoffs Auseinandersetzung mit Johann Sebastian Bachs »Matthäus-Passion« angesehen werden ... Mustergültig, weil es Neuhoff hier überzeugend gelungen ist, das mit Doppelchor und -orchester groß dimensionierte, oratorisch liturgische Werk klangästhetisch auf eine gleichsam imaginäre Bühne zu ›projizieren‹, um die dramatischen, die Affekte betonenden Potenziale eindringlich zur Wirkung zu bringen, wobei der dramaturgische Spannungsbogen über annähernd drei Stunden hinweg nirgends abreißt.« (Bonner General-Anzeiger zu Bachs »Matthäuspassion«, 2010)
»Die Martin-/ Tippett-Interpretationen wirkten wie aus einem Guss, in jedem Moment spürte man Neuhoffs Werkverbundenheit und seine dirigiertechnische Überlegenheit.« (Bonner General-Anzeiger zu Tippetts »A Child of our Time« und Martins »In Terra Pax«, 2009)
»Thomas Neuhoff am Pult schaffte zwanglos den großen Bogen über den je nachdem auch kleinteiligen Psalmvertonungen und geistlichen Konzerten, ohne die Details, den packenden Wechsel zwischen dichter Polyphonie und akkordischem Satz, zwischen verschiedenen Stilen und Rhythmen zu unterschlagen.« (Kölner Stadt-Anzeiger zu Monteverdis »Marienvesper«, 2008)
»Sternstunde des Kölner Chorgesangs« (Kölner Stadt-Anzeiger zu Franz Schmidts »Das Buch mit sieben Siegeln«, 2007)
»Thomas Neuhoff dirigierte bewundernswert und mit unstillbarem Feuer.« (Kölnische Rundschau zu Franz Schmidts »Das Buch mit sieben Siegeln«, 2007)
»Neuhoffs nüchternes Dirigat setzte nicht auf Weihrauch, sondern auf präzise Rhetorik und Affekte. Anders als etwa bei Gardiner kamen die schnellen Tempi gelöst und virtuos, aber nie unangenehm sportiv.« (Kölner Stadt-Anzeiger zu Bachs »h-Moll-Messe«, 2006)
»Ein fülliger und zugleich differenzierter Chorklang, mit sattem Griff auch der Sopran-Spitzentöne, Transparenz in den polyphonen Partien, gute Intonation und Textverständlichkeit – der Chorerzieher Neuhoff fuhr reiche Ernte ein.« (Kölner Stadt-Anzeiger zu Schumanns »Faust-Szenen«, 2004)