Mehr zur Geschichte des Bach-Vereins Köln
„Damit die unermesslichen geistigen und religiösen Werte, die Bach uns in diesen Werken hinterlassen hat, mehr als es bisher hier möglich war, erschlossen und weiten Kreisen zugänglich gemacht werden. Damit sich eine Gemeinschaft bilde, die diese Bestrebungen stützt und trägt”, wurde am 21. Mai 1931 der Bach-Verein Köln offiziell gegründet.
Hauptinitiator war der damalige Orgellehrer und Chordirigent Heinrich Boell, der sich zunächst auf die Fahnen geschrieben hatte, mit dem neu ins Leben gerufenen Kammerchor im vierzehntägigen Turnus Bach-Kantaten-Abende vornehmlich in der Kartäuserkirche zu veranstalten. Ab 1938, nun schon unter der Ägide von Michael Schneider, konzertierte der Chor vermehrt auch im traditionsreichen Kölner Gürzenich, wo er sich verstärkt Oratorienaufführungen widmete. Mit Eröffnung der Kölner Philharmonie im Jahre 1986 wurde dieser prachtvolle Saal dann zur regelmäßigen Plattform der Konzerte des Bach-Vereins Köln.
EINE RIEGE NAMHAFTER CHORLEITER
Namhafte Dirigenten haben den Chor des Bach-Vereins Köln in seiner Geschichte individuell geprägt und zu einem der bedeutendsten Konzertchöre der Rheinregion gemacht. Stellvertretend für die bis heute insgesamt zehn verdienstvollen Künstlerischen Leiter des Bach-Vereins Köln sei als herausragende Musikerpersönlichkeit der Dirigent und Komponist Hermann Schroeder genannt, unter dessen vierzehnjährigen Leitung (1947–1961) der Bach-Verein Köln nicht zuletzt durch seine denkwürdigen Oratorien- und Kantatenaufführungen in der Klettenberger Kirche St. Bruno zu einem der führenden Ensembles Kölns avancierte.Auch dessen Nachfolger Kurt Thomas, der dem Bach-Verein Köln unmittelbar nach seiner Tätigkeit als Leipziger Thomaskantor sieben Jahre lang als Dirigent vorstand, setzte wichtige musikalische Akzente, vor allem auch, was die Pflege des Bach’schen Kantatenwerks anbelangte.
Nach Wolfgang Gönnenwein, Rolf Reinhardt, Christian Collum und Winfried Toll übernahm im Jahr 2002 Thomas Neuhoff die Künstlerische Leitung des Bach-Vereins Köln. Unter seiner Regie hat der rund 65-köpfige Chor sein Repertoire u.a. durch die vermehrte Aufführung von A-cappella-Chorwerken oder solchen mit nur kleiner Orchesterbesetzung erweitert und seine Präsenz im Kölner Konzertleben wieder deutlich ausgebaut.
MUSIKALISCHE MEILENSTEINE
Neben dem kompositorischen Œuvre Bachs, das immer wieder im Zentrum der musikalischen Auseinandersetzung steht und sich z.B. in der Ära Neuhoff in der eigenen Konzertreihe „Bach+” niederschlug, nimmt auch die Erarbeitung von Werken des 20. und 21. Jahrhunderts einen breiten Raum ein. So wirkte der Bach-Verein Köln 2003 bei der Uraufführung von Christophe Lootens „Bonner Messe” im Rahmen des Internationalen Beethovenfestes in Bonn mit.Weitere Konzerthöhepunkte des traditionsreichen Chors, der in den letzten Jahren mit Gesprächskonzerten und Jugendprojekten ganz neue Facetten in seinen Spielplan eingebracht hat, bildeten, teilweise in Zusammenarbeit mit dem Philharmonischen Chor Bonn, 2004 die Aufführung der „Faust-Szenen” von Robert Schumann, das Festkonzert mit Bachs h-Moll-Messe anlässlich des 75-jährigen Bestehens des Bach-Vereins Köln im Jahre 2006 sowie ein Jahr später die viel umjubelte Kölner Erstaufführung des Apokalypse-Oratoriums „Das Buch mit sieben Siegeln” von Franz Schmidt. Im Mai bzw. Juni 2008 brachte der Chor in zwei eindrucksvollen Konzerten die „Marienvesper” von Claudio Monteverdi zu Gehör. Im Juni 2009 führte der Bach-Verein Köln zusammen mit hochkarätigen Solist:innen, dem Philharmonischen Chor der Stadt Bonn und dem renommierten Gürzenich-Orchester in der Kölner Philharmonie die beiden Oratorien „A Child of Our Time” von Michael Tippett sowie „In Terra Pax” von Frank Martin auf.
REGELMÄSSIGE ZUSAMMENARBEIT MIT DEM GÜRZENICH-ORCHESTER
Für 2010 und 2011 wurde der Bach-Verein Köln vom Gürzenich-Orchester Köln und Generalmusikdirektor Markus Stenz für die Mitwirkung in Mahlers 2. und 8. Sinfonie engagiert. 2012 wurde die erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Gürzenich-Orchester mit der Kölner Erstaufführung von William Waltons „Belshazzar’s Feast” und Arthur Honeggers „Une Cantate de Noël” fortgesetzt. Die Kooperation fand 2014 mit Schönbergs „Gurre-Liedern” sowie 2015 mit der Bach’schen Matthäuspassion unter Helmuth Rilling weitere erfolgreiche Fortschreibungen und wurde 2016, erstmals unter der Leitung des neuen Generalmusikdirektors Francois-Xavier Roth, mit „Ein deutsches Requiem” von Johannes Brahms fortgesetzt.ENGAGEMENTS BEI „ACHT BRÜCKEN | MUSIK FÜR KÖLN”
2013 war der Chor und sein Vokalensemble erstmals mit einem eigenen Programm beim Neue Musik-Festival „Acht Brücken | Musik für Köln” vertreten und porträtierte die kompositorische Entwicklung von Iannis Xenakis.Im Mai 2016 feierte der Bach-Verein Köln sein 85-jähriges Bestehen und beging dieses Jubliäum mit der umjubelten halbszenischen Aufführung der mitreißenden „Mass” von Leonard Bernstein als Abschlusskonzert von „Acht Brücken | Musik für Köln”, worüber die Presse schwärmte: „… Hier gingen nicht nur musikpädagogischer und musikalischer Anspruch in absolut mustergültiger wie stimmiger Weise und ohne jeden Abstrich auf allerhöchstem Niveau Hand in Hand, hier wurde eine ebenso glutvolle wie berauschende Aufführung aus der Taufe gehoben, die den inneren Gehalt des ebenso eklektischen wie fesselnden Werkes mit einer förmlich direkt unter die Haut gehenden Intensität zu transportieren vermochte. Das Ergebnis war spektakulär, berührend, zutiefst bewegend.” (Rondo-Magazin, 14. Mai 2016).
Im Juni 2017 brachte der Chor Edward Elgars Oratorium „The Kingdom” zur Kölner Erstaufführung, das von einem umfangreichen Begleitprogramm und Jugendprojekt flankiert wurde. Für das von der Elgar Society, der Elgar Family Trust und dem Elgar-Freundeskreis Deutschland unterstützte mehrmonatige Projekt wurde Thomas Neuhoff von der englischen Elgar Society mit einem „Certificate of Merit” geehrt. Im Herbst 2017 schloss eine vielbeachtete Aufführung von Purcells Oper „Dido and Aeneas” einen Zyklus von halbszenischen Projekten des Chors unter der Regie von Martin Füg ab.
INTERNATIONALES FRIEDENSPROJEKT „WAR REQUIEM – EWIG RUHE DER KRIEG!”
Zum Europäischen Kulturerbejahr 2018 „Sharing Heritage” initiierte der Bach-Verein Köln gemeinsam mit dem Bundesjugendorchester ein internationales und generationenübergreifendes Musikprojekt zum Antikriegsoratorium „War Requiem” von Benjamin Britten, das mit 300 internationalen Mitwirkenden, drei Livekonzerten, Radioübertragungen und Internetstreamings sowie einem umfangreichen Begleitprogramm und Jugendprojekt im Frühjahr 2018 Menschen aller Generationen zu einer über das rein Musikalische hinausgehenden Auseinandersetzung mit den großen Kriegen des 20. Jahrhunderts anregte. Drei Aufführungen von Brittens „War Requiem” in den Philharmonien in Köln und Berlin sowie im Nationalen Musikforum Wroclaw bildeten im April 2018 Höhepunkt und Abschluss dieses viel beachteten Projekts „War Requiem – Ewig ruhe der Krieg!”.Im November 2018 führte der Chor des Bach-Vereins Köln im Altenberger Dom, in St. Marien in Bonn und St. Maria im Kapitol in Köln an drei Abenden hintereinander Claudio Monteverdis „Marienvesper” auf und begab sich damit zehn Jahre nach seinen letzten Darbietungen dieses Werks erneut auf diesen Gipfel der Chormusik. Im März 2019 stand mit der Pastoral-Ode „L’Allegro, il Penseroso ed il Moderato” ein völlig zu Unrecht vernachlässigtes Händel’sches Kleinod auf dem Programm der Kölner Philharmonie.
Regelmäßig widmet sich der Bach-Verein Köln der Aufführung von A-cappella-Chorwerken oder solchen mit nur kleiner Orchesterbesetzung, so u. a. mit Werken von Claudio Monteverdi, Heinrich Schütz, Henry Purcell, Komitas Vardapet, Viktor Ullmann, Gideon Klein, Iannis Xenakis und Krysztof Penderecki.
ZU GAST BEIM NAMENSPATRON IN LEIPZIG
Natürlich ist die Beschäftigung mit dem Œuvre Johann Sebastian Bachs und seiner Zeitgenossen ein zentraler Bestandteil der musikalischen Arbeit des Chors, der mittlerweile zu einem der „Spitzenchöre der Domstadt” (so die Kölner Gesellschaft für Alte Musik) avanciert ist. So gastierte der Bach-Verein Köln im Oktober 2013 zum ersten Mal in seiner damals bereits über 80-jährigen Geschichte in der Thomaskirche Leipzig und damit in der berühmten Wirkungsstätte seines Namenspatrons. Dort gab er im Herbst 2016 ein neuerliches, dreitägiges Gastspiel und gestaltete neben der Freitags- und Samstagsmotette auch den sonntäglichen Gottesdienst. Für das Jahr 2020 war der Bach-Verein Köln eingeladen worden, im Rahmen des Bachfest Leipzig Bachs Choralkantaten BWV 135, BWV 10 und BWV 93 aufzuführen, doch dieses Festival unter dem Motto „BACH – We Are Family” wurde im April 2020 aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie abgesagt und auf Juni 2022 verschoben.NEUE MUSIKALISCHE PFADE MIT CHRISTOPH SIEBERT
Nach 18 überaus fruchtbaren Jahren der Zusammenarbeit beendete Thomas Neuhoff zum Ende der Saison 2019/20 seine Tätigkeit beim Bach-Verein Köln. Seit Juli 2020 ist Christoph SiebertKünstlerischer Leiter des Bach-Vereins Köln. Siebert hatte sich unter mehr als 30 Bewerber:innen aus ganz Deutschland durchgesetzt und wurde nach einem mehrmonatigen Auswahlprozess vom Chor zum elften Künstlerischen Leiter in der nunmehr über 90-jährigen Geschichte des Bach-Vereins Köln gewählt. Das bislang unter seiner Leitung zur Aufführung gekommene Repertoire, darunter Motetten von Schütz und Duruflé, Brahms‘ „Ein deutsches Requiem”, „Begräbnisgesang” op. 18, „Fest- und Gedenksprüche” op. 39 sowie Werke von Parsons, Palestrina, Byrd, Parsons und Reger, Kantaten von J.S. Bach sowie im Mai 2023 dessen meisterhafte h-Moll-Messe, zeugt von jener stilistischen Bandbreite, die auch die Programmzettel der nächsten Spielzeiten bestimmen wird: Musik alter und neuer Meister, große oratorische bzw. chorsinfonische Kompositionen, (mehrchörige) A-cappella-Literatur aller Epochen und last but not least Werke des Namenpatrons Bach als künstlerische DNA und unermüdliches Herzensanliegen des Chors.